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Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL 27.11.2020

Netzwerk-Talk | Online: Zwischen Präsenz und Virtualität - Führung im Wandel am 12. November 2020

… war das Thema des zweiten Netzwerk-Talk | Online am 12.11.2020, zu dem Frau Zuzana Blazek (Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.) referierte und sich familienfreundliche Unternehmen aus dem Kreis Paderborn angeregt austauschten. Diese Online-Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Kreis Paderborn durchgeführt und von Dr. Angela Siebert (Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL) moderiert.

Flexibilisierungsangebote wie beispielsweise Homeoffice-Tätigkeit und variable Arbeitszeitmodelle, ermöglichen Beruf und familiäre Sorgearbeit zu vereinbaren und sind ein wichtiger Baustein familienfreundlicher Unternehmensführung. Die Umsetzung von familienfreundlichen Regelungen und die Einbindung in Unternehmensprozesse ist eine wichtige Aufgabe für Führungskräfte  - gerade in klein- und mittelständischen Unternehmen.

Das Corona-Infektionsgeschehen hat zu einer enormen Ausbreitung der Homeoffice-Arbeit geführt. Wie teilnehmende Unternehmensvertretungen berichteten, sind die Rückmeldungen der Beschäftigten sehr unterschiedlich. Die Möglichkeit, familiäre Verpflichtungen mit der Berufsarbeit selbstorganisiert vereinbaren zu können, begrüßen viele Beschäftigte. Allerdings hoffen ebenso viele Mitarbeitende, wieder im Unternehmen vor Ort und im persönlichen Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen arbeiten zu können.

Flexibilisierung der Arbeit wird als Anerkennung der Lebenssituation empfunden und kann zur stärkeren Identifikation mit und Bindung an den Arbeitgeber führen. Für Führungskräfte bedeuten Mitarbeitende im  Homeoffice „Führen auf Distanz“ und stellt sie vor viele teils neue Herausforderungen:
Wann ist welche Art der Führung angebracht? Wie bleibe ich im Kontakt mit Mitarbeitenden im Home Office? Wie manage ich Teammeetings oder Mitarbeitergespräche? Und welche Regelungen oder Absprachen sind zu treffen, um alle Teammitglieder informiert zu halten?

Frau Blazek erläuterte, das der veränderten Kommunikation eine besondere Bedeutung zukommt: „Physische Distanz und die Überlappung von Arbeit und Privatleben erfordern eine andere Art der Kommunikation.“
Körpersprache, Stimmlage und „Zwischentöne“ sind kaum wahrzunehmen und noch schwieriger einzuordnen. Die Kommunikation ist bei physischer Abwesenheit erschwert. Umso wichtiger werden klare Absprachen, ein Konzept für regelmäßige Ereignisse und das Führen über Ziele.

Die Festlegungen von Terminen und Kontaktmöglichkeiten ist dabei ebenso wichtig, wie die Vermittlung von beabsichtigen Zielen oder Wirkungen einer Handlung. Frau Blazek: „Wenn Sie als Führungskraft – vielleicht selber Erziehungs- oder Pflegeaufgaben vereinbarend – im Homeoffice arbeiten, kann es für Sie persönlich entlastend sein, Ihre Emails auch noch um 22:00 Uhr zu versenden. Wie glauben Sie, ordnet  Ihr Team diese Email ein?“

An diesem Beispiel erläuterte Frau Blazek, dass erfolgreiche Führung auf Distanz unbedingt mehr erklärende Kommunikation umfasst und eine deutliche Priorisierung von Aufgaben erfordert. Im Vorfeld sollte mit den Mitarbeitenden geklärt sein, ob eine Email um 22:00 Uhr eine Aufforderung zur unmittelbaren Bearbeitung oder nur eine Entlastung der Führungskraft und deshalb als nicht zeitkritische Information gedacht ist. Führen auf Distanz bedeutet für die Führungskraft zu erläutern, warum ich etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt tue und welche Bedeutung für die z.B. angesprochene Person darin liegt.

Ein weiterer Aspekt ist die Einbeziehung der Teammitglieder in Überlegungen zur Verbesserung von Kommunikations-, Informations- und Produktionsprozessen.
Dazu gehört auch die Suche nach Ressourcenfressern, die Führungskraft und ihr Team regelmäßig in Besprechungen einbringen können. Muss ich jede Email, die ich in CC erhalte, lesen bzw. verfolgen? Benötige ich überhaupt CC und wenn ja, was ist die Aufgabe der über CC benachrichtigen Person? Will die Führungskraft über alle Schritte informiert sein, will ich alle MA in CC informieren oder gibt es einen zusammenfassenden Informationskanal wie ein Teammeeting online, ein Konzeptpapier oder ein Protokoll?

Dabei gibt es einen wichtigen Aspekt für alle Führungskräfte zu beachten, betont Frau Blazek: „Gehen Sie davon aus, dass Sie mit Ihrem Team alle Regelungen ständig auf ihre Anwendbarkeit überprüfen müssen. Dies kann nur auf der Basis von Vertrauen in Ihre Teammitglieder und in Ihr Team gelingen.“
Sich auf diese Art der Führung einzulassen, ist eine große Herausforderung und kostet viel Energie und Kraft. Neben der veränderten Haltung zur Kommunikation und Fehlerkultur wird für Führungskräfte der Aufbau und Umgang mit den eigenen Ressourcen einen wichtigen Anteil an ihrem Führungserfolg haben. Nicht jede Führungskraft kann auf Anhieb auf Distanz mit dem eigenen Team und dem Führungskreis arbeiten. Es braucht Zeit einen Überblick über die eigenen Ressourcen zu gewinnen und ein Gefühl für den Umgang mit dieser anspruchsvollen Art der Führung zu entwickeln.
Hier können Arbeitgeber sowohl durch Personalentwicklung als auch aus der Unternehmensleitung heraus, Angebote zur Stärkung der Resilienz aufbauen. Die innere Widerstandskraft ist trainierbar und bietet inneren Halt, der allen Beschäftigten sowohl im Umgang wie im Arbeitsergebnis zu Gute kommt.

Frau Blazek gab einen Einblick, wie ein Resilienz nicht nur alle Ebenen sondern auch das gesamte Unternehmen positiv beeinflussen kann. Die Teilnehmenden des Netzwerk-Talks | Online äußerten großes Interesse an der Fragestellung, wie sich ein Konzept für eine unternehmensweite Resilienz-Strategie aufbauen und in das Unternehmen einführen lässt. 

Zusammenfassend betonte Frau Blazek, wie wichtig es gerade auch im Führungskreis ist, auf der Basis von Vertrauen regelmäßig Erfahrungen und Herausforderungen des Führungsalltags auszutauschen. So lassen sich unternehmensweite wie individuelle Entwicklungen anstoßen und neue Möglichkeiten für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Unternehmen entwickeln.

„Vertrauen – Vertrauen – Vertrauen! Das ist die Basis erfolgreicher Führung auf Distanz.“

Netzwerk Talk online 12.11.2020

 

 

 

 

 

 

 

Zuzana Blazek | Senior Researcherin | Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Dr. Angela Siebert | Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL | Paderborn
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